Künstler-Vita

1891 bis 1919

Talent und Neigung zum Zeichnen waren schon im Kindesalter ausgeprägt. Auf den Wunschzetteln befanden sich stets Bücher über Malerei und Plastik. Besonders die Monographien des Verlages von Velhagen u. Klasing fanden großes Interesse. Rembrandt, Velázquez, Stuck, Klinger, die Worpsweder Maler und der Bildhauer Meunier gehörten zu den Favoriten. Zunächst jedoch tritt Gert Caden (eigentlich Gerd Kaden) mit 16 Jahren – ganz Offiziers-Sohn – ins Kadettencorps Dresden ein. Drei Jahre später, als Leutnant in Bautzen stationiert, entzog sich Gert Caden der Trostlosigkeit des Dienstes und der Provinz, indem er sich seinem damals „einzigen Freund“ Leutnant von Löwis anschloss, der auch Maler und Kunsthändler war und mit seiner Frau ein „originelles und künstlerisches Haus führte“. Bei Stippvisiten in München und Dresden lässt er sich durch die Werke der berühmten Galerien anregen. Mit 21 Jahren wuchs die Begeisterung für die modernen „Außenseiter“: Vlaminck, Derain, Picasso und die deutschen Expressionisten. Die Überlegung, den Beruf eines Kunstmalers zu ergreifen, nahm immer mehr Raum ein. Doch die familiären Erwartungen hinderten ihn noch, den Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen. ( … siehe auch Biografisches)

Erst die schockierenden Erlebnisse des Ersten Weltkrieges 1918 beendeten die Offiziers-Laufbahn. G. C. entschied sich, Maler und Grafiker zu werden.

1919 bis 1921

Zurück von der Front nimmt Gert Caden mit 28 Jahren Unterricht bei Prof. Hettner an der Akademie der Bildende Künste Dresden. Zudem konsultiert er Prof. Karl Rade an der Kunstgewerbeschule Dresden. Dort lernte er auch Lala Bondi kennen, die er kurz darauf heiratete. Das junge Paar geht 1919/20 nach München. Bei dem hervorragenden Lehrer Hofmann setzt er seine künstlerische Ausbildung fort, insbesondere das exakte Studium der menschlichen Figur und das strenge Zeichnen nach der Natur.

1921 zieht Gert Caden nach Berlin und beginnt eine fruchtbare Zeit künstlerischen Schaffens.

1921/22

Er stößt in Berlin zur Gruppe der Internationalen Konstruktivisten, wozu die Ungarn László Moholy-Nagy, László Peri, die Russen El Lissitzky, Naum Gabo, Antoine Pevsner, die Deutschen Raoul Hausmann, Erich Buchholz – später Hans Richter und Werner Graeff – und der Holländer Theo van Doesburg gehörten.

Mittlerweile war Gert Caden erneut verheiratet – mit Maja Caden, geb. Loewe (s. Biographisches). Beide richten sich ein Atelier in der Spichernstraße 16/17 ein, das zum Treffpunkt der Konstruktivisten wird. Gert Caden fertigt konstruktivistische Werke aus Holz, Eisen, Rohr und Wellpappe. Sie wurden 1922 auf der Ausstellung der Berliner Novembergruppe gezeigt und fanden in der Presse gute Resonanz (u. a. Vossische Zeitung). Eines der „Reliefs“ kauft der schwedische Sammler Hjalmar Gabrielson für das Museum Göteborg an. Gerd Kaden ändert die Schreibung seines bürgerlichen Namens zum Künstlernamen Gert Caden.

Hans Richter äußerte: „Im Konstruktivismus schienen die aus allen Angeln gehobenen Türen den Weg wieder zu öffnen. Die offizielle Kunst war uns schon vom Dada her verhaßt, aber die Anti-Kunst als eine neue Kunst befeuerte uns. Der Konstruktivismus als Idee, wie wir ihn auslegten, paßte so gut in das Programm der kleinen Gruppe von Künstlern, die sich ein Jahr später um meine Zeitschrift »G« bildete, daß wir spontan im Atelier von Gert Caden Anfang 1922 selber eine Konstruktivisten-Gruppe bildeten, ohne uns sonderlich um die orthodoxe Bedeutung dieses, in der russischen Revolution entstandenen Begriffes zu kümmern.“ [Katalog zur Ausstellung Avantgarde Osteuropa 1910 1930 des Kunstvereins Berlin, Oktober-November 1967]

1923/24

Gert und Maja Caden gehen – mit kurzem Zwischenstopp in München – nach Wien. Zuvor gab Gert Caden das Berliner Atelier Spichernstraße 16/17 an die Schauspielerin Helene Weigel ab, die seinerzeit mit Caden befreundet war.

In Wien findet Caden schnell Kontakt zu Ludwig Kassák. Der ungarische Maler, der damals als Emigrant in Wien lebt, gibt die Internationale Zeitschrift für aktivistische Kunst heraus – die berühmte „MA“. In ihr erscheint ein Artikel über fünf Werke von Gert Caden.

1924 findet in Wien die Internationale Ausstellung neuer Theatertechnik im Zusammenhang mit dem Musik- und Theaterfest Wien statt, das unter der Leitung von Friedrich Kiesler (später Leiter des Guggenheim Museums of Modern Art, New York) steht. Gert Caden reicht für die Ausstellung zwei Montagen ein: „Chaplinade“ und „Excentric Operiod“ (Bühnenbild, 3 Entwürfe). Diese werden von der Jury angenommen. Gleichzeitig findet eine Kunstausstellung der Gesellschaft zur Förderung moderner Kunst in Wien statt, in der Reliefs von Gert Caden gezeigt werden und die in der Presse größere Beachtung finden.
Während dieser produktiven Wiener Zeit stand Gert Caden in engem Kontakt mit interessanten Künstlerpersönlichkeiten: Robert Musil, Fernand Leger, Enrico Prampolino und Hans Winge.

1925

Wieder zurück in Berlin stellt sich Caden auf Empfehlung der Galerie Alfred Flechtheim den Berliner Revue-Theatern Admiralspalast und Großes Schauspielhaus vor. Er erhält den Auftrag für ein Plakat zum Gastspiel der New Yorker Truppe „Chocolate Kiddies“, das groß an allen Berliner Anschlagsäulen angebracht wird. Für das Große Schauspielhaus entwirft Gert Caden das Titelblatt für ein neues, im amerikanischen Broadway-Stil gehaltenes Programmheft. Weitere Aufträge folgen. Diese Angewandte Kunst bringt auf Dauer zwar finanzielle Stabilität, führt aber nicht zur gewünschten künstlerischen Freiheit. Caden zeichnet und malt weiterhin, doch die sozialen Konflikte in der Gesellschaft bewirkten auch eine innere Unruhe, Fragen mussten gelöst werden. Er beschäftigt sich mit Psychologie bevor er dann auf den Marxismus stößt (mehr …).

1930 bis 1939

Gert Caden tritt 1930 der KPD bei, was sein Leben und die Arbeit seitdem wesentlich bestimmen sollte. Es folgt eine Periode, in der der illegale Widerstandskampf gegen das Naziregime den größeren Raum einnimmt. (mehr …)

Caden eröffnet in den 30er-Jahren ein „Atelier für künstlerische Porträtmasken“, in dem Masken für naturgetreue Abgüsse von Künstlern und Persönlichkeiten nach einem neuen Verfahren hergestellt werden, welches sich G. C. kurz zuvor in Lugano aneignete. Die künstlerische Arbeit wird jedoch nicht vernachlässigt (s. Galerien im Menü).

1939 bis 1942

Als die illegale Arbeit in Deutschland zu gefährlich wird, flieht Gert Caden zunächst nach Paris. An der Mittelmeerküste in Sanary sur Mer beziehen Gert und Maja Caden sowie weitere Freunde das Quartier „Ker Colette“. Das südliche Flair wird mit lockerem Strich in einigen Zeichnungen und Gemälden festgehalten.
Nach Beginn des II. Weltkrieges 1939 wird Gert Caden zwischen September 1939 und April 1940 in das Lager Les Milles nahe Aix-en-Provence interniert, so wie viele deutschsprechende Ausländer. Aus der Zeit sind einige Zeichnungen erhalten. Zum Freundeskreis im Lager gehören Peter Kast, Alfred Kantorowicz, Robert Liebknecht, Eduard, Laves, Max Ernst. Als über 48-Jähriger wird G. C. im April 1940 aus dem Lager in den Arbeitsdienst entlassen. Der Süden Frankreichs wird aber immer gefährlicher für Nazigegner und Menschen mit jüdischen Wurzeln. 1942 gelingt es Gerd Caden, seiner Frau und Freunden schließlich, mit einem Visum nach Havanna zu emigrieren. (mehr …)

1942 bis 1948

Neben der umfangreichen politischen Arbeit in Havanna (mehr …) entstehen auch zahlreiche ausdruckstarke Grafiken und Gemälde. Angeregt durch die kubanischen Menschen, die tropische Landschaft entwickelt Gert Caden neue stilistische Formen, die das Wesentliche erfassen. Im Herbst 1947 werden die Bilder in der Universität Havanna in einer großen Ausstellung gezeigt (s. a. Galerien Nr. n01, 17, 36, 39, 74, 131, 176, 179, 186, 190, 195, 210,211, 212, 214, 230, 231). Die kubanischen Tageszeitungen „El Mundo“ und „Hoy“ veröffentlichen halbseitige Beiträge wie auch der „Daily Worker“ aus New York.
Gert und Maja Caden erhalten drei Jahre nach Kriegsende ein englisches Visum für die Rückreise nach Europa. Sie gelangen via Trinidad, England, Holland 1948 nach Deutschland.

1948 bis 1960

Nach Rückkehr in die Sowjetische Besatzungszone wird Gert Caden als KPD-Mitglied durch Parteifunktionäre überzeugt, nach Dresden zu gehen (was ihm nicht leicht fällt). Er übernimmt den neuen Posten „Leiter der Auftragskommission für künstlerische Arbeiten im Land Sachsen“.
Im Oktober stellt er seine kubanischen Arbeiten im Haus des Dresdner Kulturbundes aus.
Gert Caden kann ein Atelier in der noch stark zerstörten Hochschule für Bildende Künste beziehen.

In seiner Funktion als „Leiter der Auftragskommission …“ erhielt er den Auftrag, die künstlerische Leitung und den Vorsitz der Jury zur II. Deutsche Kunstausstellung in Dresden zu übernehmen. Diese gesamtdeutsche Ausstellung stieß auf heftige Kritik bei SED-Funktionären (u. Sowjets).

Die Werke entsprachen nicht deren Vorstellungen. Es galt die Parole „Für den Realismus“. Daraus entwickelte sich die „Formalismus-Debatte“, die sich viele Jahre wie Mehltau über die freie Entfaltung der Künstler in der DDR legte. Auch die Werke von Gert Caden werden anfangs wegen „Formalismus“ abgelehnt.

Im Jahr 1957 ist Gert Caden mit vier Bildern in der Bezirksausstellung Dresden des Verbandes bildender Künstler Deutschlands (VbK) vertreten: „Bildnis eines Fernkraftfahrers“ (77), „Im Reichsbahnausbesserungswerk“ (165), „Sowjetisches Tanzensemble“ (357), „Vor der Demonstration“. Die Sujets scheinen zwar der Zeitströmung zu entsprechen, aber der Stil bleibt unangepasst und unabhängig. (mehr …)

1960 bis 1990

Zu Beginn der 60er-Jahre begrüßt Gert Caden mit Freude die Kubanische Revolution, und er nimmt das Thema Cuba – auch in wehmütiger Erinnerung – in seinen Bildern verstärkt auf. Protagonisten, Tänzer und Alltagsszenen werden aufgegriffen. Politische Themen wie Krieg, aber auch lebensfrohe Themen wie Tanz, Akt, Landschaft, Menschen und immer wieder südländische Sujets spielen nun stärker eine Rolle. Auf die Verbindung von Arbeitskollektiven und Künstlern wird Wert gelegt, sodass sich vermehrt Besucher im Atelier mit den Werken Gert Cadens beschäftigen. Solche Kontakte spiegeln sich auch in den Arbeiten wider. In Einzel- oder Gruppenausstellungen des VbK stellt Gert Caden seine Werke in der Galerie „Kunst der Zeit“, in Bezirksausstellungen und DDR-Kunstausstellungen aus, u. a.: 1961 Galerie Kunst der Zeit „Kubanische Revolutionäre“// 1965 Berlin „Erlebtes Kuba“// 1966 Kunst der Zeit Personalausstellung// 1971 Galerie Kunst der Zeit Personalausstellung// 1974 Bezirkskunstausstellung, vertreten mit: „Kubanischer Fruchtstand“; „Prag – Wenzelsplatz“; „Gebirgsdorf“ (n39); „Sanary sur Mer“. 1976 setzt sich Gert Caden mit dem Thema Militarismus (seine Jugend) anhand des Bildes „Jahrgang 1891“ auseinander. Hierfür und summa summarum erhält er 1978 den Nationalpreis für Kunst II. Klasse.

Gert Caden bleibt auch in hohem Alter künstlerisch produktiv und ist auf den großen Kunstausstellungen vertreten. Ein knappes Jahr vor seinem Tod wird seine Arbeit „nature morte“ (29) zur Ausstellung des Bezirkes Dresden 1989 ausgestellt. Als Künstler wird Gert Caden mehrfach mit Preisen geehrt und auch in der Presse findet sein Wirken vielfach Beachtung. Nicht ganz 100 Jahre alt, stirbt Gert Caden am 9.9.1990 in Dresden.